Konstruktion einer lateinamerikanischen Identität

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Romanistik - Lateinamerikanische Sprachen, Literatur, Landeskunde, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Lateinamerika-Institut Berlin), Veranstaltung: Literatur, Faschismus, Rassismus in der Literatur und Kultur Lateinamerikas, Sprache: Deutsch, Abstract: ¿Por mi raza habla el espiritü sind die Worte, die auf dem Stein des berühmten Bibliotheksgebäudes der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) weit sichtbar geschrieben stehen. Sie stammen von dem mexikanischen Philosophen und Schriftsteller José Vasconcelos, der im ideologischen Vakuum, das nach der Revolution Anfang der 1920er-Jahre entstand, mit seinen Überlegungen zur ¿Mestizaje¿, der ¿iberoamerikanischen¿ und der ¿kosmischen¿ Rasse der mexikanischen Gesellschaft eine neue Identität gab, die diese bis heute prägt. Der Literaturnobelpreisträger und wichtigste mexikanische Intellektuelle des 20. Jahrhunderts, Octavio Paz, unterstrich bereits im Jahre 1950 die Bedeutung Vasconcelos, da für ihn schon damals ¿sein kurzes, doch segensreiches Werk [...] im wesentlichen noch lebendig [ist]¿. Und die Literaturwissenschaftlerin Silvia Spitta schrieb Ende der 1990er über Vasconcelos Hauptidee der raza cósmica, dass ¿se ha vuelto [...] un concepto fundacional no sólo en México y toda Latinoamérica sino que también en el pensamiento chicano al norte del río Grande¿. Der Philosoph Manuel Vargas meinte zudem, dass sich erst mit dem Zapatisten-Aufstand im Jahre 1994 eine neue Diskussion über Vasconcelos Werk entsponnen hätte. Die Renaissance des Hauptwerkes von Vasconcelos ist jedoch mitnichten der einzige aktuelle Versuch, eine kollektive Identität zu definieren. Im Zuge der Debatten über die grassierende neoliberale Globalisierung und die Neuen Weltordnung nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind immer wieder dergleichen Versuche zu entdecken, um Kräfte in Blöcken zu mobilisieren. Spätestens bei der durch das enge Abstimmungsverhalten der Dritten Welt gescheiterten Weltwirtschaftskonferenz 2003 in Cancún erlebte auch die Bewegung des Tercermundismo, der eigentlich durch das genannte Ende der bipolaren Weltordnung ihre ursächliche Motivation fehlt und demnach als abgeschlossen galt, ihre vielbeachtete Renaissance. Die Hintergründe dieser beiden überraschenden ¿Wiedergeburten¿, die beide auf ihre Art die Konstruktion einer lateinamerikanischen Identität anstreben, wird das vorliegende Buch beleuchten, um der Frage auf den Grund zu gehen, wodurch die Suche nach einer kollektiven Identität motiviert ist und was ihre Folgen sind.

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