Raum und Geschlecht in Stefan Zweigs "Verwirrung der Gefühle"

Masterarbeit aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Universität Trier, Sprache: Deutsch, Abstract: Wie die Figuren beziehungsweise die Geschlechter in den Räumen agieren und welche Rolle beziehungsweise räumliche Zuweisung zum Beispiel die Ehefrau des Professors erhält, soll Gegenstand dieser literaturwissenschaftlichen Untersuchung werden. Narrative Raumdarstellungen bieten sich für geschlechterrelevanten Implikationen und Aussagen vor allem daher an, da der Raum als kulturelles Phänomen sowohl vielfältigen Semantisierungen unterworfen ist, als auch in der Lage ist, soziale Realität abzubilden. Dies kann sich in unterschiedlicher Weise in den Einstellungen und Verhaltensweisen, aber auch in kommunikativen und konkreten Handlungen der Figuren abzeichnen. Im Verlauf der vorliegenden Arbeit soll des Weiteren die tatsächliche Ursache der Verwirrung der Gefühle erläutert werden und welche Intention Zweig auf diese Weise verfolgt. Anhand der Analyse von Raum und Geschlecht soll es anschließend möglich sein, Auskunft über die Geschlechterproblematik, um die Jahrhundertwende zu geben. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte wird herausgearbeitet, welche Position der Text bezüglich Geschlechterbildern und Sexualität einnimmt. Hierzu wird vor allem auf die Wirkung der Inszenierung von sexuellen Handlungen auf den Rezipienten eingegangen. Abschließend werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst und Zweigs Darstellung von Sexualität in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext bewertet. Literatur erzählt Welten und entwirft mit ihren narrativen Texten ein raumzeitliches Kontinuum, das als Rahmen für Figuren und deren Bewegungen und Handlungen fungiert. Stefan Zweigs Erzählung "Verwirrung der Gefühle" folgt dabei dem Aufbau einer Detektivgeschichte: So erfahren die Rezipienten schon frühzeitig, dass es im Leben des Anglistikprofessors ein Geheimnis gibt, welches durch die Erzählung Rolands allmählich gelüftet wird. Der verheiratete Anglistikprofessor ist homosexuell und hat sich in ihn verliebt. Homosexualität stand im späten 19. Jahrhundert bis ins ausgehenden 20. Jahrhundert unter strafrechtlicher Verfolgung, daher ist der Professor darauf bedacht, seine sexuellen Neigungen vor der Gesellschaft zu verbergen, unter anderem durch seine Ehe. Die homosexuelle Neigung des Professors beschränkt sich innerhalb der Erzählung auf zwei topographische Räume: das für die Öffentlichkeit unzugängliche Arbeitszimmer und den Raum der anonymen Großstadt Berlin. Hier ist es dem Professor möglich, diese mehr oder weniger frei auszuleben.