Roman, Erzählung und Gedächtnis

Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,7, Justus-Liebig-Universität Gießen (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Seminar: Einführung in modernes Erzählen - Theorie und ihre didaktische Vermittlung: Uwe Johnson, Jahrestage Bd. 1, Sprache: Deutsch, Abstract: Uwe Johnsons voluminösem Roman »Jahrestage« steht die Bezeichnung als »Roman der Moderne« angesichts seiner zeitlichen Rückgebundenheit an - nicht ausschließlich, aber zuvorderst - die Sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts sowie seiner vielschichtigen und auf diversen Ebenen gleichzeitig funktionierenden Erzählweise zweifellos gut zu Gesicht. In dieser »modernen« Herangehensweise an die kulturelle Leistung des »Erzählens«, die so alt sein dürfte wie die Menschheit selbst, sowie in seinen eigenen Überlegungen zum Wesen der romanhaften Literatur an sich (wie in seinem Aufsatz »Vorschläge zur Prüfung eines Romans« niedergelegt) berührte Johnson jedoch gleichsam auch ein Gebiet der - wenn man sie so nennen möchte - »Erzählkritik«. Die Grundlagen zu dieser Erzählkritik im Angesicht moderner Literatur legte seinerseits Walter Benjamin mit seinem eher philosophisch gehaltenen Essay »Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Nikolai Lesskows« von 1936, in dem dieser den Unterschied zwischen Erzähler und Romancier anhand Lesskows beispielhaft herauszustellen und weiterhin allgemeinkulturell gültig auszuformulieren versucht. Letztliches Ziel von Benjamins Einlassung scheint dabei eine neu formulierte »Theorie des Romans« zu sein - im Hinblick auf Johnsons Werk ist diese Romantheorie besonders interessant, da Benjamin dem modernen Roman die Fähigkeit, in »klassischer« Form zu erzählen, faktisch abspricht. Diesen Kompetenzverlust leitet er aus mehreren kulturellen Paradigmenwechseln her, die jedoch allesamt mit der Moderne einhergegangen seien. Ziel der vorliegenden Arbeit soll vorwiegend sein, die Erzählungs- und Romanvorstellungen Johnsons und Benjamins miteinander abzugleichen und mögliche Schnittmengen festzustellen. Abschließend wird der Versuch unternommen, die »Jahrestage« bzw. ihren ersten Band auf Anhaltspunkte hinsichtlich der Romantheorie beider Autoren zu untersuchen. Die Ergebnisse sollten einen Rückschluß auf die Bedeutung des »Erzählers« nach Benjaminscher Diktion für die (post)moderne Literatur im allgemeinen und darin den Roman im besonderen erlauben. Johnsons »Jahrestage«, mehrbändig erschienen ab 1970, sollen hierbei exemplarisch für zeitgenössische Werke großer deutscher Nachkriegsromanciers stehen.

Geboren 1987 bei Bremen, Grundwehrdienst, Studium der Humanmedizin (abgebrochen) und der Geschichts- und Kulturwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen (B. A.) sowie konsekutiv der Geschichte an der Universität Hamburg (M.A.), 2015-2017 Lektor beim Verlag Antaios, seither vor allem als Übersetzer tätig.

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