Sergej Lukianenko: Jenseits von Gut und Böse

Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Peter-Szondi-Institut für allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Schauerlandschaften: Vampire, Hexen und Dämonen in Osteuropa, Sprache: Deutsch, Abstract: '[...]die Nachtwache und die Tagwache - das sind zwei Hälften eines Ganzen.' Beginnt man über Gut und Böse nachzudenken, ertappt man sich sehr schnell dabei, nach Gegensätzen zu suchen. Schaut man sich in Literatur oder Film um, springt dem Beobachter ein dualistisches Weltbild entgegen. Ein westliches Weltbild. Gen östlicher Weisheit blickend, stellt der Betrachter erstaunt fest, ein völlig anderes Verständnis von Gut und Böse zu finden. Die Gegensätze lösen sich auf und werden eins. Ying und Yang sind zwei Hälften in einem Kreis, die sich zu umarmen scheinen, schwarzweiß, deutlich unterscheidbar, aber eben dennoch von ein und demselben Kreis umfasst werden. Westlich-dualistisches Denken löst sich hier auf und Gegensätze werden zu zwei Polen desselben Prinzips. Sergej Lukianenkos Wächter-Tetralogie bricht mit eben diesem dualistischen Weltbild und stellt Gut und Böse als ineinander verwoben dar. Er hebt die schmale Gradwanderung der Grenzen hervor und verdeutlicht, wie Licht und Dunkel letztendlich demselben Prinzip angehören. Im Folgenden werde ich verdeutlichen, wie das geschieht und welche Rolle Bildung, im Sinne von Entwicklung, spielt, um mit einem dualistisch geprägten Denken zu brechen. Ich behaupte, nur eine Person die eine bestimmte geistig-moralische Entwicklungsstufe erreicht hat, ist in der Lage, diese conjunctio oppositorium mehr als nur theoretisch zu fassen. Anton, den Protagonisten der Tetralogie, verstehe ich als eben diese Person, die über acht Jahre , denn um diese Zeitspanne handelt es sich vom ersten bis zum vierten Band, eine unglaubliche, nicht nur magische Entwicklung (vom fünften Grad bis zum Magier außerhalb jeder Kategorie), sondern auch moralisch-geistige Entwicklung durchmacht. Diese, ich nenne es Bewusstwerdung, erreicht er vor allem durch Situationen, in denen man sich auf keine kollektive Moralvorstellung mehr berufen kann, sondern nur für sich selbst, individuell Verantwortung übernehmen muss: indem man Entscheidungen trifft. Die Stufe dieser Entwicklung könnte man daher als transkollektiv bezeichnen. Aber vorerst möchte ich auf einige allgemeinere Thematiken eingehen, die sich aus den Erklärungen zu bestimmten Begriffen ergeben werden.

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