Von Versailles bis Potsdam

Das deutsche Problem ist für Frankreich so alt wie Frankreich selbst. Es reicht zurück bis zu Karl dem Großen und der Aufteilung des Reiches unter seinen Nachkommen im Vertrag von Verdun 843. Seitdem gibt es ein Frankreich und ein Deutschland, seitdem gibt es Zwistigkeiten, Streit und Kriege, die im 20. Jahrhundert in zwei Weltkriegen mit Millionen Toten und Zerstörungen von nie da gewesenem Ausmaß gipfelten. André François-Poncet, Germanist, Politiker und Diplomat, hat die Entwicklung der deutsch französischen Beziehungen von Beginn des Ersten Weltkriegs bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hautnah erlebt. 1919 fungierte er als Übersetzer für die deutsche Delegation in Versailles, in den 1920er-Jahren war er als Diplomat, von 1931 bis 1938 als französischer Botschafter Deutschland verbunden. Nach seiner Haft als Geisel der SS 1943-1945 wurde er französischer Hochkommissar und schließlich noch einmal Botschafter in Deutschland. In seinem Buch 'Von Versailles bis Potsdam' schildert er die verhängnisvollen Entwicklungen in Deutschland nach Abschluss des Versailler Vertrages, die schließlich zum Ende der Weimarer Republik, zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und zu einem weiteren verheerenden Weltkrieg geführt haben. 'Von Versailles bis Potsdam' ist eine spannende Lektüre und ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte - und es ist heute so aktuell wie zu seiner Ersterscheinung 1947, da sich rechtsradikale, nationalistische Kräfte wieder anschicken, Europa und die Freundschaft zu Frankreich infrage zu stellen.

Dr. Thomas Gayda, Autor und Publizist, hat sich als promovierter Musikhistoriker maßgeblich dem Gebiet 'Musik und Exil' verschrieben und u.a. die CDEdition 'Entartete Musik' für das Klassik-Label DECCA federführend realisiert, bei der zahlreiche Werke verfolgter und vergessener Komponisten ins Konzert- und Opernrepertoire zurückgeführt werden konnten. In seiner Heimat im Kleinen Walsertal stieß er im Zuge von Recherchen auf die Tagebuchtexte François-Poncets, die er 2015 als 'Tagebuch eines Gefangenen' erstmals in deutscher Sprache publizierte. Zusammen mit dessen Tochter Geneviève François-Poncet sorgte er 2018 für eine Neuveröffentlichung von 'Botschafter in Berlin'. André François-Poncet, (1887-1978), Germanist, Literat, Politiker und überzeugter Humanist, zählt zu Europas schillerndsten Diplomaten vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Ob als Übersetzer während der Friedensverhandlungen in Versailles, als französischer Botschafter in Berlin 1931-1938 und in Rom 1938-1940 oder als französischer Hoher Kommissar der Alliierten und erster Botschafter seines Landes in der Bundesrepublik Deutschland: Er begleitete wie kein Zweiter während eines Vierteljahrhunderts die Geschicke Deutschlands, beeinflusste maßgeblich die französisch-deutsche Annäherung nach 1945 und gilt als wichtiger Wegbereiter des vereinten Europa.

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