Das Dilemma der Psychoanalyse mit der Gesellschaft. Gedanken zu sozialen und wissenschaftlichen Verpflichtungen des Psychoanalytikers im Anschluß an Willi Hoffer

Hoffer formuliert einen Konflikt zwischen den sozialen Anforderungen an die Psychoanalytiker und ihren wissenschaftlichen Verpflichtungen. Er leitet daraus, wenn auch bedauernd, die Empfehlung einer Zurückweisung der sozialen Erwartungen ab. Eine gesellschaftlich abstinente, allenfalls sich vorsichtig und begrenzt einlassende Haltung hat die Psychoanalyse jedoch in Deutschland seit der Integration der psychoanalytisch begründeten Behandlungsverfahren in das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht aufrechterhalten können. Sie ist in ihrer Integration als Behandlungsmethode in verschiedenen Schritten, zumindest im Erleben eines Teils ihrer Mitglieder, zugerichtet worden. Jedoch hat sie vermeiden können, ihre Patienten nach ökonomischen Aspekten zu selegieren. Als Wissenschaft ist sie bei ausbleibender forschungsmethodischer Weiterentwicklung in eine wissenschaftlich randständige Position geraten, die schließlich auch ihre anfänglich starke therapeutische Position bedroht hat. Die Forderung nach Wirksamkeitsnachweisen im Rahmen einer allgemeinen Psychotherapieforschung hat zur Kombination psychoanalytischer mit anderen Forschungsansätzen geführt. Dabei hat sich die psychoanalytische Therapie in einer unerwarteten Weise wirkungsvoll gezeigt. Die erweiterte wissenschaftliche Praxis hat die Psychoanalyse dahin geführt, ihren wissenschaftstheoretischen Status in einem doppelten Diskurs von Vertretung der Subjektivität im analytischen Prozess und den Einzelfall transzendierender nachvollziehbarer Methodik zu reflektieren und zu erweitern. Diese Entwicklung nähert sie den Normalwissenschaften an, ohne ihr die Aufgabe ihrer Besonderheit abzuverlangen.