Über den Nutzen des Ästhetizismus in Hugo von Hofmannsthals 'Märchen der 672. Nacht'

Dekadenz und Ästhetizismus hatten für den literarischen Kreis der Generation des jungen Wien einen ambivalenten Charakter: Weltflucht und Lebensglaube. Besonders Hofmannsthal ist die 'lebensabgewandte Sterilität' des ästhetizistischen Lebens und damit der lebensabgewandte Aspekt schon früh bewusst. In seinen frühen Werken setzt sich Hofmannsthal sehr kritisch mit dem Ästhetizismus auseinander, wobei er ihn nicht nur als lebensabgewandt, sondern zuweilen als lebensbedrohlich und sogar lebensfeindlich entlarvt. Die Einheit von Subjekt und Welt, wie sie im hofmannsthalschen Begriff der 'Präexistenz' erfasst wird, geht im ästhetizistischen Lebensmodell real verloren, 'weil das Subjekt nicht mehr erkennend, glaubend, fühlend und somit auch nicht handelnd an der Welt partizipiert.' 'Das schöne Leben verarmt einen. Wenn man immer so leben könnte wie man will, würde man alle Kraft verlieren' , schreibt Hofmannsthal im Mai 1896 an Leopold von Andrian. Der schöne Schein einer Welt der ästhetischen Schau, unter Ausschluss der 'hässlichen' Seiten des Lebens, ist demnach kräftezehrend und in der Folge fehlt dem Ästheten diese Kraft zur Bewältigung der Realität. Auch im Märchen der 672. Nacht führt der Protagonist ein zurückgezogenes Leben, umgeben von den schönen Dingen der Welt, und scheitert am Ende kraft- und orientierungslos in der realen Welt.
Ziel dieser Arbeit ist die Herausarbeitung der ambivalenten Darstellung der ästhetizistischen Lebensform und das daraus resultierende, unausweichliche Schicksal des Protagonisten in Hofmannsthals Märchen der 672. Nacht. Dabei sollen die Darstellung der 'zwei Welten' und deren Repräsentanten sowie ihr Rollenwechsel im Verlauf der Erzählung untersucht werden, um einen Beitrag zur ästhetizismuskritischen Interpretation des Frühwerks am Beispiel des Märchens der 672. Nacht zu leisten.