Der Stratege im Literaturkampf. Walter Benjamins Rezension 'Linke Melancholie'

Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung In den letzten Jahren der Weimarer Republik gelingt es Walter Benjamin, die von ihm angestrebte Stellung eines der hervorragendsten Kritiker deutscher Sprache einzunehmen . Neben seinen zahlreichen Arbeiten zu geschichtsphilosophischen und kunstsoziologischen Themen verfasst er eine beachtliche Anzahl an Kritiken und Rezensionen. Diese werden in den bedeutenden Literaturblättern der Zeit publiziert, beispielsweise in der 'Literarischen Welt'. Viele Rezensionen erscheinen auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er sah sich jedoch nicht in der Tradition der zahlreichen anderen Kritikern in Deutschland; mit der Institution der deutschen Kritik war Benjamin mehr als unzufrieden. 1930, als Erich Kästners Gedichtband Ein Mann gibt Auskunft erscheint, konstantiert Benjamin den '[...] Verfall der literarischen Kritik seit der Romantik'1. Von einer Krise der Kritik möchte Benjamin zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr sprechen: 'Es ist allmählich dahin gekommen, daß sie die Erschlaffung und die Harmlosigkeit selber geworden ist.'2 Walter Benjamin ist nicht gewillt diese Situation einfach hinzunehmen, es bedarf seiner Meinung nach einer Veränderung. Er schreibt ein Programm zur Literaturkritik, welches im zweiten Teil der Arbeit thematisiert wird. Unter anderem werden folgende Fragen zur Diskussion stehen: Welche Ansprüche stellt Benjamin an die neue Literaturkritik? Und ist es ihm möglich, sie verbindlich für seine eigenen Schriften als Grundlage zu verwenden? Exemplarisch hierfür soll Benjamins Rezension zu Kästners Gedichtband Ein Mann gibt Auskunft zur Betrachtung herangezogen werden. Der erste Teil beschäftigt sich näher mit Benjamins Argumenten und Erkenntnissen, die er in 'Linke Melancholie' dem Leser verständlich machen will. Benjamins Kritiken sind mehr als bloße Urteile über die literarischen Werke. Für ihn ist Literatur ein gesellschaftliches Phänomen und somit ein Gegenstand der literatursoziologischen Erkenntnis. Benjamin analysiert die Lyrik Kästners deshalb auch auf ihrer literatursoziologischen Ebene. Er untersucht das literarische Werk als ein Sozialdokument der Zeit der Weimarer Republik und kommt zu aufschlussreichen Erkenntnissen bezüglich der linken Intelligenz in Deutschland, zu der auch Kästner zählt.

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